Wenn Grundstück und Gebäude getrennte Wege gehen

Im kommenden Jahr feiert das Erbbaurecht in Deutschland sein 90-jähriges Jubiläum. Seither ist es im Bürgerlichen Gesetzbuch fest verankert. Es bezeichnet die Möglichkeit, das Eigentum an einem Grundstück von den hierauf stehenden Gebäuden zu trennen: Der Eigentümer des Grundstücks räumt als so genannter Erbbaurechts-Geber dem Erbbaurechts-Nehmer die Nutzung seines Grundstücks für aufstehende Gebäude für einen Zeitraum von bis zu 198 Jahren gegen Zahlung eines Erbbauzinses ein. Der Erbbaurechts-Nehmer wird dann alleiniger Eigentümer der Gebäude.

Zudem kann der Erbbaurechts-Nehmer das Erbbaurecht, als so genanntes grundstücksgleiches Recht weiterverkaufen, vermieten, beleihen, vererben oder auch verschenken. Hierzulande am bekanntesten ist die Anwendung des Erbbaurechts beim Bau oder Kauf eines Einfamilienhauses auf einem Erbbaugrundstück, da die Finanzierung des Grundstückpreises entfällt. So kann beim konventionellen Kauf eines Hauses - also Grundstück samt Gebäude - der im Preis enthaltene Grundstücksanteil leicht 20 Prozent oder mehr der Kaufsumme ausmachen.

Beispiel: Kaufpreis einer Bestandsimmobilie in Mutterstadt 349.000 Euro, das Grundstück ist 500m² groß, der relative Grundstückspreis (pro/m²) beträgt dort 220,00 Euro (die Bodenpreise im Neubaugebiet betragen rund 300,00 Euro pro/m². Der Grundstückswert des bebauten Grundstück im Beispielsfall beträgt (500 mal 220,00 Euro) rund 110.000 Euro, also rund 1/3 des Gesamtkaufpreises. Soll ein vergleichbares Haus im Neubaugebiet erbaut werden, wären für den Grundstückserwerb allein rund 150.000 Euro aufzubringen. Bei Zinskonditionen um die 5 bis 6 Prozent sind das jährlich zwischen 7.500 bis 9.000 Euro pro Jahr. Der Erbpachtzins für bebaute Grundstücke beträgt relativ häufig nur 1.000 bis 2.000 Euro im Jahr.

Insbesondere von den Kirchen in Deutschland werden Erbbaurechtsgrundstücke daher seit Jahrzehnten gezielt einkommensschwächeren Haushalten angeboten, um ihnen den Weg zur eigenen Immobilie möglich zu machen. Die Höhe des Erbbauzinses für die Nutzung eines Erbbaugrundstücks beträgt jährlich meist zwischen 2 und 5 Prozent des Grundstückwertes und wird in vertraglich festgelegten Intervallen - meist alle fünf Jahre - an den vom Statitischen Bundesamt ermittelten Lebenshaltungskostenindex angepasst.

Per gesetzlicher Bestimmung gehen nach Auslaufen des Erbbaurechts-Vertrages auf dem Grundstück errichtete Gebäude in das Eigentum des Erbbaurechts-Gebers zu den zwischen den Parteien vereinbarten Vertragsbedingungen über. Mindestens steht dem Erbbaurechts-Nehmer dabei eine Entschädigung - angelehnt an die Verkehrswerte für die von ihm erstellten Gebäude - zu. Können sich die Vertragsparteien nicht über die Höhe der Entschädigung einigen, sind die Aussagen eines Gutachterausschusses verbindlich. In der Praxis ist dieser so genannte Heimfall jedoch die Ausnahme. Vielmehr werde die Erbbaurechts-Vereinbarung in aller Regel mit einer neuen Laufzeit verlängert.

Rendite-Plus durch Erbbaurecht

Aber nicht nur bei Eigenheimen, sondern auch bei großen Immobilieninvestments gewinnt das Erbbaurecht an Bedeutung. Beim Erwerb eines Mietshauses auf einem Erbbau-Grundstück erspart sich der Investor gleichermaßen die Finanzierung des Grundstücksanteils. Sein Kapitaleinsatz sinkt demnach. In der Renditerechnung ist dies dann den um den Erbbauzins reduzierten Mieterträgen gegenüber zu stellen.  Derzeit macht eine neuartige Anwendung des Erbbaurechts Furore: als Kapitalquelle. Immer mehr kommunale Wohnungsunternehmen erwägen, ein Erbbaurechts am Grundstück zu bestellen, um es dann zu veräußern. Deen Erlös kann das Wohnungsunternehmen in die Sanierung oder Modernisiereung des in seinem Eigentum verbleibenden Mietshauses investieren und damit auch bei Einrechnung des fortan zu zahlenden Erbbauzinses die Erlössituation nachhaltig verbessern, die Rendite des gebundenen Kapitals also erhöhen. zudem ist der Erbbaurzins steuerlich abzugsfähig. Abschreibungen auf Grund und Boden hingegen sind im deutschen Steuerrecht prinzipiell nicht möglich.

Kapitalquelle Erbpacht

Das Gleiche Prinzip gilt auch für Unternehmen, die unternehmenseigene Immobilien verkaufen, aber weiter nutzen wollen. Unternehmen bringt das Erbbaurecht die Chance, bislang in Immobilien gebundenes Firmenkapital zu mobilisieren und in eventuell renditestärkere Investionen lenken zu können. Daher kann auch unter Einrechnung des zu zahlenden Erpachtzinses diie Rechnung gut aufgehen. Die steuerliche Absetzbarkeit der Erbpacht komme auch in diesen Fällen zum Tragen. Zudem würden Erbbau-Zinsen, anderes als etwa Zinsen für aufgenommene Firmenkredite - nicht dem Abzugsverbot durch die neuartige Zinsschranke unterliegen, die mit der Unternehmensteuerreform 2008 eingeführt wurde.

weitere Infor unter: www.initiative-erbbaurecht.de

Stand: 11.08.2008